Freitag, 20. Februar 2015

U-Wert-Optimierung von Vorhangfassaden - Teil 3

Nachdem wir uns zuletzt mit den technischen Möglichkeiten der U-Wert-Optimierung von Vorhangfassaden beschäftigt haben, geht es diesmal um die gestalterischen Aspekte: wie wirken sich Änderungen der Fassadenaufteilung, der Rasterbreite und der Einspannelemente auf den Wärmeschutz der Fassade aus?





Reduktion der Einspannelemente

Die Menge der Fassadenprofile (Pfosten, Riegel und Rahmen) wirkt sich in zweifacher Hinsicht auf den Ucw-Wert aus: erstens durch den (meist im Verhältnis zu den Ausfachungen höheren) U-Wert der Profile, zweitens durch die zusätzlichen Ψ-Werte der Berührungsbereiche zwischen Profilen und Ausfachungen entstehen. Daher scheint es naheliegend, die Anzahl an öffenbaren Fenstern zu verringern und durch Festverglasungen zu ersetzen.

Die folgende Abbildung zeigt oben wieder unser aneinander gereihtes Referenz-Fassadenfeld aus den vorigen Posts. Darunter ist die gleiche Fassadenaufteilung, diesmal jedoch ohne Einspannelemente.

Wie schon im letzten Post beschrieben, ergeben sich für das Referenz-Fassadenfeld - also mit Einspannelementen - folgende U-Werte:


  • mit Standardkomponenten:
Ucw = (ΣA×U + ΣΨ×l) / Acw
Ucw = (10,434 W/K + 4,534 W/K) / 12,00 m²
Ucw = 1,2 W/(m²K)  (1,247)
  • mit thermisch optimierten Komponenten:
Ucw = (ΣA×U + ΣΨ×l) / Acw
Ucw = (5,742W/K + 1,012 W/K) / 12,00 m²
Ucw = 0,6 W/(m²K)  (0,563)

Für die Fassade ohne Einspannelemente ergeben sich folgende U-Werte:

  • mit Standardkomponenten:
Ucw = (ΣA×U + ΣΨ×l) / Acw
Ucw = (10,024 W/K + 4,072 W/K) / 12,00 m²
Ucw = 1,2 W/(m²K)  (1,175)
  • mit thermisch optimierten Komponenten:
Ucw = (ΣA×U + ΣΨ×l) / Acw
Ucw = (5,540 W/K + 0,848 W/K) / 12,00 m²
Ucw = 0,5 W/(m²K)  (0,525)

Der Einsatz von Festverglasungen statt öffenbaren Elementen verbessert in diesem Fall den Ucw-Wert um 6 % (Standard) bzw. 7% (thermisch optimiert). Rundet man den Wert - wie in der Norm vorgesehen - auf eine Dezimalstelle, so ergibt sich eine Verbesserung des thermisch optimierten Wertes von 0,6 auf 0,5 W/(m²K). Der Ucw-Wert für die Fassade mit Standardkomponenten bleibt dagegen bei einer Dezimalstelle unverändert.

Trotz der Verbesserung des Ucw-Wertes ist zu beachten, dass eine natürliche Belüftung durch öffenbare Fensterelemente sich positiv auf die Zufriedenheit der Nutzer eines Gebäudes auswirkt (2).

Breiteres Fassadenraster

Die Verbreiterung des Fassadenrasters ist eine weitere Möglichkeit, den Anteil der Fassadenprofile an der Gesamtfassadenfläche zu verringern.


Vergrößert man den Rasterabstand z. B. wie oben dargestellt von 1,5 m auf 2,0 m, so ergeben sich folgende Ucw-Werte:


  • mit Standardkomponenten:
Ucw = (ΣA×U + ΣΨ×l) / Acw
Ucw = (13,655 W/K + 5,224 W/K) / 16,00 m²
Ucw = 1,2 W/(m²K)  (1,180)
  • mit thermisch optimierten Komponenten:
Ucw = (ΣA×U + ΣΨ×l) / Acw
Ucw = (7,550 W/K + 1,157 W/K) / 16,00 m²
Ucw = 0,5 W/(m²K)  (0,544)

Das um 33 % breitere Fassadenraster bewirkt also eine Verbesserung des Ucw-Wertes um 6 % (Standard) bzw. 3% (thermisch optimiert).

Zusätzlicher Riegel

Auch die horizontale Aufteilung der Fassade kann verändert werden. Oft werden aus gestalterischen Gründen zusätzliche Riegelprofile eingesetzt.


So kann man z. B., wie hier dargestellt, ein kleineres Aluminiumpaneel vor der Geschossdecke und einen zusätzlichen Riegel auf Brüstungshöhe platzieren. In diesem Fall ergeben sich folgende Ucw-Werte:



  • mit Standardkomponenten:
Ucw = (ΣA×U + ΣΨ×l) / Acw
Ucw = (13,322 W/K + 3,994 W/K) / 12,00 m²
Ucw = 1,4 W/(m²K)  (1,443)
  • mit thermisch optimierten Komponenten:
Ucw = (ΣA×U + ΣΨ×l) / Acw
Ucw = (7,111 W/K + 1,248 W/K) / 12,00 m²
Ucw = 0,7 W/(m²K)  (0,697)

Im Vergleich zur Referenzfassade ergibt sich eine Verschlechterung des Ucw-Wertes von immerhin 14 % (Standard) bzw. 19 % (thermisch optimiert). Diese Verschlechterung hängt jedoch nicht nur mit dem zusätzlichen Riegel, sondern auch mit dem höheren Anteil an Glasflächen zusammen, die eine schlechtere Wärmedämmung als die Paneelflächen haben.

Das Referenz-Fassadenfeld mit seinem geringeren Riegel-und Glasflächenanteil verfügt also über einen wesentlich besseren Ucw-Wert als das veränderte Fassadenfeld.

Mehr Glas


Auch in diesem Beispiel wurde der Anteil an opaken Paneelflächen zugunsten größerer transparenter Glasflächen verringert. Dadurch ergeben sich folgende U-Werte:



  • mit Standardkomponenten:
Ucw = (ΣA×U + ΣΨ×l) / Acw
Ucw = (13,299 W/K + 3,532 W/K) / 12,00 m²
Ucw = 1,4 W/(m²K)  (1,403)
  • mit thermisch optimierten Komponenten:
Ucw = (ΣA×U + ΣΨ×l) / Acw
Ucw = (7,169 W/K + 1,079 W/K) / 12,00 m²
Ucw = 0,7 W/(m²K)  (0,687)

Zwar wurde in diesem Fall auf einen zusätzlichen Riegel verzichtet, trotzdem haben sich die Ucw-Werte ähnlich verschlechtert wie im vorigen Beispiel. Der Grund hierfür ist vor allem der durch das größere öffenbare Fenster erhöhte Rahmenanteil (Af).

Auch hier hat also das Referenz-Fassadenfeld einen besseren Wärmeschutz als das abgeänderte Fassadenfeld mit seinem höheren Glas- und Rahmenanteil.

Fazit

Auch die gestalterische Optimierung wirkt sich positiv auf den Ucw-Wert eine Vorhangfassade aus. Die hier beschriebenen gestalterischen Veränderungen haben jedoch auf den Ucw-Wert geringere Auswirkungen als die technische Verbesserung der einzelnen Fassadenkomponenten. Diese hatte, wie im vorigen Post beschrieben, immerhin eine Halbierung des Ucw-Wertes bewirkt.

Nur zwei der vier hier gezeigten Varianten führten zu einer Verbesserung des Ucw-Wertes. Dies deutet darauf hin, dass die Referenzfassade aufgrund ihrer einfachen Aufteilung bereits über relativ günstige Wärmeschutzeigenschaften verfügt.

Die gezeigten Fassadenvarianten lassen jedenfalls den Schluss zu, dass sich folgende gestalterische Maßnahmen günstig auf den Ucw-Wert auswirken:
  • Verringerung des Profilanteils (Pfosten, Riegel, Rahmen) an der Fassadenfläche
  • möglichst große Rasterbreiten 
  • möglichst wenige öffenbare Fenster
  • Verringerung des Glasanteils und Erhöhung des Anteils an gedämmten Paneelen
Den besten Ucw-Wert erzielt man durch die Kombination von gestalterischer Optimierung des Fassaden-Layouts und technischer  Optimierung der einzelnen Fassadenkomponenten.

Zu erwähnen bleibt, dass gerade bei sehr niedrigen Ucw-Werten die Rundung des Endergebnisses auf eine Nachkommastelle zu starken Verallgemeinerungen führt. So ergeben Ergebnisse von 0,550 bis 0,649 W/(m²K) einen Ucw-Wert von 0,6 W/(m²K), obwohl zwischen beiden Werten rein rechnerisch ein Unterschied von gut 15 % besteht. 

Literatur

(1) Berechnungen des Ucw-Wertes gem. DIN EN ISO 12631:2013-01, Wärmetechnisches Verhalten von Vorhangfassaden - Berechnung des Wärmedurchgangskoeffizienten (ISO 12631:2012)
(2) Vgl. Brager, Gail S.; de Dear, Richard: Climate, Comfort and Natural Ventilation, Berkeley 2001, S. 4 ff.

Dienstag, 10. Februar 2015

U-Wert-Optimierung von Vorhangfassaden - Teil 2


Im letzten Post habe ich einige Grundlagen der Ucw-Wert-Berechnung beschrieben und die Geometrie des Referenz-Fassadenfeldes festgelegt. Nun sollen die die U- und Ψ-Werte der einzelnen Fassaden-Bestandteile definiert und der  U-Wert der Gesamtfassade berechnet werden.  Anschließend wird der Frage nachgegangen, wie weit sich der Ucw-Wert durch die wärmetechnische Optimierung einzelner Fassadenkomponenten senken lässt.
 
Viele Systemanbieter von Aluminium-Pfosten-Riegel-Konstruktionen bieten eine Standardversion mit geringerer Wärmedämmung und eine hochwärmegedämmte, teilweise als "Passivhaus-tauglich" bezeichnete Version ihrer Profilsysteme an. Ähnliches gilt für Verglasungen: auch hier kann man zwischen Standard-Zweischeiben- und hochwärmedämmenden Dreischeiben-Isolierverglasungen unterscheiden. Für unser Referenz-Fassadenfeld soll daher zunächst eine Ausführung mit "Standard"-Komponenten und später eine thermisch optimierte Version untersucht werden.

Ucw-Wert: die "Standard"-Version

Tabelle A.1 in EN ISO 12631:2012 (1) bietet eine Leitlinie zur Berechnung des Ucw-Wertes. Darin wird beschrieben, wie man an die für die Ucw-Berechnung nötigen U- und Ψ-Werte der einzelnen Fassadenkomponenten gelangt. In den meisten Fällen gibt es zwei Möglichkeiten zur Ermittlung dieser Werte: man kann Werte aus entsprechenden Tabellen der Norm entnehmen, oder man ermittelt die Werte nach in der Norm festgelegten Berechnungs- oder Bemessungsverfahren (meist geschieht dies durch die Produkthersteller).

Die Angaben in den Norm-Tabellen sind in der Regel auf der sicheren Seite angesiedelt. Der berechnete oder bemessene Wert für ein bestimmtes Produkt gemäß Herstellerangaben ist meist besser.

Rahmen
Gemäß der oben erwähnten Tabelle A.1  können die Werte für die Rahmenprofile Uf, Um und Ut nach ISO 10077-2:2012 berechnet oder EN 12412-2:2003 gemessen werden. Alle größeren Hersteller von Profilsystemen stellen die entsprechenden nach diesen Normen ermittelten U-Werte zur Verfügung.

Der U-Wert für ein bestimmtes Pfosten- oder Riegelprofil ist von der Einbaustärke der Ausfachungen und von der Tiefe des raumseitigen Tragprofils abhängig. Bei einer Einbaustärke von z.B. 28 mm (2-Scheiben-Isolierverglasung) und einer Profiltiefe von ca. 150 mm kann man einen Wert von ungefähr 2,1 W/(m²K) für Ut und Um ansetzen (2). Dies gilt für Standardausführungen ohne zusätzliche Wärmedämmmaßnahmen. Die Uf-Werte von Standard-Rahmenprofilen für Einsatzelemente bewegen sich je nach Hersteller bzw. Produkt um 1,8 W/(m²K). Für unsere Referenzfassade nehmen wir daher folgende Werte an:
-> Ut; Um:  2,1 W/(m²K)
-> Uf:  1,8 W/(m²K)

Die Werte für Ψm,f und Ψt,f können in Tabelle B.6, EN ISO 12631:2012 abgelesen oder nach ISO 10077-2:2012 berechnet werden. Tabelle B.6 unterscheidet insgesamt fünf Typen von Verbindungsbereichen und weist diesen Ψm,f- und Ψt,f-Werte von 0,05 bis 0,11 W/(mK) zu. Für unseren Fall nehmen wir einen mittleren Wert von 0,07 W/(m²K) an.
-> Ψm,f; Ψt,f: 0,07 W/(mK)

Verglasung
Die Werte für Ug können in ISO 10077-1:2006 abgelesen werden oder nach EN 673:2011 berechnet bzw. nach EN 674:2011 und EN 675:2011 gemessen werden. Für eine 2-Scheiben-Isolierverglasung kann man von Ug: 1,1 W/(m²K) als Stand der Technik ausgehen.
-> Ug: 1,1 W/(m²K)

Die Werte für Ψf,g, Ψm,g, und Ψt,g können in den Tabellen B.1, B.2, B.3 und B.4 abgelesen oder nach 10077-2:2012 berechnet werden. Die Norm unterscheidet zwischen "üblichen" und "wärmetechnisch verbesserten" Abstandhaltern für Verglasungen. Darüber hinaus sind die Tabellenwerte abhängig von der Ausführungsart der angrenzenden Profile und der Verglasung. Bei Verwendung von üblichen Abstandhaltern und beschichtetem Glas mit niedrigem Emissionsgrad gelten für Aluminiumpfosten und -riegel Ψm,g- und Ψt,g-Werte von 0,11 W/(mK). Für einen Metallrahmen mit wärmetechnischer Trennung gilt ein Ψf,g-Wert von ebenfalls 0,11 W/(mK). 
-> Ψm,g; Ψt,g; Ψf,g: 0,11 W/(mK)

Paneele
Die Werte für Up können nach ISO 6946: 2007 berechnet werden. Da die Dicke der Dämmschicht im Paneel entscheidend für den Up-Wert ist, können wir als Annäherung die äußeren und inneren Metallschalen sowie eventuelle weitere Bestandteile des Paneels vernachlässigen. Bei einem Dämmstoff von 140 mm Dicke und einer Wärmeleitfähigkeit von λ: 0,035 W/(mK) gelangen wir zu  einem U-Wert von 0,24 W/(m²K).
-> Up: 0,24 W/(m²K)

Die Werte für Ψp können in Tabelle B.5 abgelesen oder nach 10077-2:2012 berechnet werden. Ψp ist nach Tabelle B.5 abhängig von der Wärmeleitfähigkeit des Abstandhalters, dem Paneeltyp (Typ 1: mit luftgefülltem Zwischenraum; Typ 2: ohne luftgefüllten Zwischenraum), sowie den Materialien der innenliegenden und außenseitigen Verkleidung. So ergibt sich bei Typ 2 mit Aluminiumverkleidung innen und außen sowie Abstandhaltern mit λ: 0,2 W/(mK) ein Ψp-Wert von 0,2 W/(mK). 
-> Ψp: 0,2 W/(mK)


Ermittlung des Ucw-Wertes
Damit sind alle nötigen Angaben für die Berechnung der Referenzfassade festgelegt. In den folgenden beiden Tabellen werden nun die Teilergebnisse für ΣA×U und für ΣΨ×l ermittelt.


Der Ucw-Wert für die Fassade mit Standardkomponenten ergibt somit:

Ucw = (ΣA×U + ΣΨ×l) / Acw
Ucw = (10,434 W/K + 4,534 W/K) / 12,00 m²
Ucw = 1,2 W/(m²K)  (1,247)

Ucw-Wert: die thermisch optimierte Version


Rahmen
Hochwärmegedämmte Profile verfügen in der Regel über zusätzliche Dämmkörper im Bereich zwischen raumseitigen Profil und Andruckleiste. Hier können die Um- und Ut-Werte bei einer 3-Scheiben-Isolierverglasung mit z. B. 44 mm Einbaustärke ungefähr 0,8 W/(m²K) betragen. Aufgrund der ständigen Weiterentwicklung können diese wie auch viele der anderen hier genannten Werte aber bald schon wieder veraltet sein.
-> Ut; Um:  0,8 W/(m²K)

Durch den Einbau zusätzlicher Einschub- und Glasfalzdämmungen in die Rahmenprofile der Einsatzelemente kann auch der Uf-Wert entscheidend verringert werden. Die Uf-Werte der meisten Hersteller für hochwärmegedämmte Profile bewegen sich im Moment im Bereich zwischen 1,0 bis 1,2 W/(m²K).
-> Uf:  1,1 W/(m²K)

Für Ψm,f und Ψt,f gibt es wie beschrieben neben den Werten aus Tabelle B.6, EN ISO 12631:2012 auch die Herstellerangaben zu den jeweiligen Einspannprofilen nach Berechnungen gemäß ISO 10077-2:2012 . Hier sind Werte um die 0,025 W/(mK) möglich. 
-> Ψm,f; Ψt,f: 0,025 W/(mK)

Verglasung
Ug-Werte für 3-Scheiben-Isolierverglasungen liegen je nach verwendeten Beschichtungen und Scheibenzwischenraum-Füllungen zwischen 0,5 und 0,7 W/(m²K).
-> Ug: 0,6 W/(m²K)

Ψf,g, Ψm,g, Ψt,g können ebenfalls durch Berechnung nach EN ISO 10077-2:2012 bestimmt werden. Für thermisch verbesserte Randverbünde verschiedener Hersteller hat der Arbeitskreis "Warme Kante" Datenblätter mit den entsprechenden Ψ-Werten veröffentlicht. Bei einer Dreischeiben-Isolierverglasung erreichen die Werte je nach Hersteller bis zu 0,030 W/(mK) für Gläser in Einspannelementen. 
-> Ψm,g; Ψt,g; Ψf,g: 0,04 W/(mK)

Paneele
Die Dicke gedämmter Fassadenpaneele wird in der Regel durch die Tiefe der Fassadenkonstruktion begrenzt. Bei Pfosten- und Riegelprofiltiefen von z. B. 150 mm kann daher die Dämmstoffdicke meist auch nicht mehr als ca. 150 mm betragen. Eine weitere Möglichkeit der Optimierung ist die Verwendung von Dämmstoffen mit geringerer Wärmeleitfähigkeit. Doch auch hier sind die Optimierungsmöglichkeiten begrenzt.

Einen Ausweg bietet die Verwendung von Vakuumisolationspaneelen (VIP). Der Gebrauch solcher Paneele hat sich bis dato noch nicht flächendeckend durchgesetzt. Man kann jedoch davon ausgehen, dass diese Art der Dämmung in einigen Jahren gerade im Bereich von Vorhangfassaden weitere Verbreitung finden wird. Die Vorteile sind hier zum einen die Möglichkeit, Dämmpaneele zu verwenden, die die gleiche Dicke wie Glasscheiben haben. Zum anderen ist durch die festgelegten und durchgehenden Fassadenraster eine Konfektionierung ohne weitere Anpassung auf der Baustelle möglich.

Bei Vakuumisolationspaneelen, die der Dicke einer Dreischeiben-Isolierverglasung entsprechen, kann man von einem Up-Wert von 0,15 bis 0,2 W/(m²K) und einem Ψp-Wert von 0,02 W/(mK) ausgehen. Auch hier kann aufgrund der ständigen Weiterentwicklung dieser relativ neuen Paneelart in der nächsten Zeit mit weiteren Verbesserungen gerechnet werden. 
-> Up: 0,18  W/(m²K)
-> Ψp: 0,02 W/(mK)


Ermittlung des Ucw-Wertes
Somit sind auch für die thermisch optimierte Fassade alle nötigen Angaben zur Berechnung festgelegt. Die folgenden beiden Tabellen zeigen wieder die Teilergebnisse für ΣA×U und für ΣΨ×l.


Der Ucw-Wert für die Fassade mit thermisch optimierten Komponenten ergibt somit:

Ucw = (ΣA×U + ΣΨ×l) / Acw
Ucw = (5,742W/K + 1,012 W/K) / 12,00 m²
Ucw = 0,6 W/(m²K)  (0,563)

Fazit der technischen Optimierung

Der Ucw-Wert konnte mit dem Einsatz thermisch optimierter Komponenten im Vergleich zur Standardversion 1,2 auf 0,6 W/(m²K) glatt halbiert werden. Da nicht in allen Bereichen die bestmöglichen Werte eingesetzt wurden, kann man sogar davon ausgehen, dass auch ein Ucw-Wert von 0,5 W/(m²K) im Bereich des Möglichen ist.

Auffällig ist, dass der Gesamt-U-Wert der Fassade in beiden Fällen ähnlich oder gleich dem U-Wert des Glases ist. Der Ug-Wert kann also bei typischen Fassaden-Layouts, die dem hier dargestellten ähneln, als Anhaltspunkt für den Ucw-Wert der Gesamtfassade angenommen werden.

Die Verbesserungspotentiale scheinen zudem im Bereich der Ψ-Werte höher zu sein als bei den U-Werten. Vergleicht man die U-Werte zwischen Standard- und optimierter Version, so konnte hier ungefähr eine Halbierung der Werte erreicht werden. Bei den Ψ-Werten war jedoch sogar eine Reduktion auf weniger als ein Viertel möglich.

Bei den Einzelwerten mit dem größten Optimierungspotential stechen zum einen die Ut- und Uf-Werte (Verbesserung von 2,1 und 0,8 W/(m²K)), zum anderen der Ψp-Wert (Verbesserung um das Zehnfache von 0,2 auf 0,02 W/(mK)) hervor.

Wie oben angedeutet, stellt die wärmetechnische Verbesserung der Fassadenbestandteile nur eine Seite der U-Wert-Optimierung dar. Im nächsten Post werde ich mich daher näher mit der anderen Seite, der geometrischen Optimierung von Vorhangfassaden auseinandersetzen.

Literatur und Anmerkungen

(1) DIN EN ISO 12631:2013-01, Wärmetechnisches Verhalten von Vorhangfassaden - Berechnung des Wärmedurchgangskoeffizienten (ISO 12631:2012)
(2) Für die Ermittlung der U- und Ψ-Werte wurden die aktuellen Aluminium-Profilsysteme der Marken Schüco, Wicona, Raico und Hueck verglichen (Stand: Februar 2015). Die Werte variieren teilweise je nach Hersteller und Produktlinie. Wo verschiedene Werte vorlagen, wurden Mittelwerte als Rechengrundlage angenommen.

Sonntag, 8. Februar 2015

U-Wert-Optimierung von Vorhangfassaden - Teil 1


Gut gedämmte Fassaden gehören zu den wichtigsten Bestandteilen eines energieeffizienten Gebäudekonzepts. Um den ständig steigenden Anforderungen an Fassaden gerecht zu werden, bedarf es einer wärmeschutzmäßigen Optimierung aller Fassadenkomponenten bereits in der Planungsphase. In diesem und den folgenden Posts möchte ich einige Möglichkeiten der thermischen Fassadenoptimierung aufzeigen.

 
Meine Beschäftigung mit dem Thema hat einen konkreten Anlass: in einem von mir aktuell bearbeiteten Projekt in Mitteleuropa wird für die Vorhangfassade ein U-Wert von unter 0,65 W/(m²K) vorgeschrieben. Diesen niedrigen Wert zu erreichen, hat sich als ziemlich schwierig herausgestellt. Im folgenden möchte ich mich daher näher mit den Einflussmöglichkeiten, Stellschrauben und Spielräumen bei der thermischen Optimierung von Vorhangfassaden auseinandersetzen. Doch zunächst ein paar Grundlagen...

Ucw-Wert: Zwei Berechnungsverfahren

Die entscheidende Größe des (winterlichen) Wärmeschutzes einer Fassade ist der Wärmedurchgangskoeffizient oder U-Wert. Die Berechnung des U-Wertes für Vorhangfassaden ist in der DIN EN ISO 12631:2013-01 (1) festgelegt. Die Norm stellt dafür zwei Berechnungsverfahren zur Verfügung: das vereinfachte Beurteilungsverfahren und das Verfahren mit Beurteilung der einzelnen Komponenten.

Die Bezeichnungen sind etwas irreführend: das vereinfachte Verfahren besteht aus detaillierten Computerberechnungen der Wärmeübertragung durch die Fassadenkonstruktion und ist meist aufwändiger als das Verfahren mit Beurteilung der einzelnen Komponenten.

In der Praxis ist das vereinfachte Verfahren vor allem in fortgeschrittenen Planungsphasen sinnvoll. Mit ihm lassen sich auch Sonderfälle wie nichttypische Fassadenbereiche, lokale Durchdringungen und individuelle Ausführungen einzelner Fassadenkomponenten genauer untersuchen. Das Verfahren mit Beurteilung der einzelnen Komponenten hingegen ist in der Entwurfsphase sehr hilfreich, da sich mit relativ geringem Aufwand größere Geometrie- oder Komponentenänderungen vornehmen lassen.

Der U-Wert der Vorhangfassade (kurz: Ucw) nach dem Verfahren mit Beurteilung der einzelnen Komponenten ergibt sich nach der folgenden, zunächst kompliziert aussehenden, letztlich aber einfachen Formel:

Ucw = (ΣAg×Ug + ΣAp×Up + ΣAf×Uf + ΣAm×Um + ΣAt×Ut + Σlf,g×Ψf,g + Σlm,g×Ψm,g + Σlt,g×Ψt,g + Σlp×Ψp + Σlm,f×Ψm,f + Σlt,f×Ψt,f) / Acw

dabei sind:
  • A: Fläche [m²]
  • U: Wärmedurchgangskoeffizient [W/(m²K)]
  • l: Länge [m]
  • Ψ : längenbezogener Wärmedurchgangskoeffizient infolge der kombinierten thermischen Wirkungen [W/(mK)]
die tiefgestellten Zeichen bedeuten:
  • cw: Vorhangfassade (curtain wall)
  • g: Glas (glazing)
  • p: Paneel (panel)
  • f: Rahmen (frame)
  • m: Pfosten (mullion)
  • t: Riegel (transom)

Das folgende Schaubild verdeutlicht die Bedeutung der einzelnen U- und Ψ-Werte:

U- und Ψ-Werte: schematischer Schnitt durch eine Vorhangfassade
Entsprechend der obigen Formel werden also die U-Werte der einzelnen Fassadenkomponenten mit den entsprechenden Flächen und die Ψ-Werte mit den entsprechenden Längen multipliziert. Beides zusammen wird dann durch die gesamte Fassadenfläche dividiert. Die obige Formel lässt sich daher wie folgt zusammenfassen:

Ucw = (ΣA×U + ΣΨ×l) / Acw

Letztendlich werden also die Wärmedurchgangskennzahlen der einzelnen Komponenten entsprechend ihres flächenmäßigen Anteils gewichtet, wobei mit dem Ψ-Wert noch die Wechselwirkung zwischen sich berührenden Komponenten berücksichtigt wird.

Im Wesentlichen gibt es daher 2 Faktorengruppen bei der Berechnung des Wärmedurchgangs: physikalische Faktoren und geometrische Faktoren. Oder anders ausgedrückt: es gibt einerseits technische und andererseits gestalterische Aspekte (hier zeigt sich übrigens wieder die Schnittstelle zwischen Gestaltung und Technik, auf die schon der Titel des Blogs hindeutet).

Wie sieht eine "typische" Vorhangfassade aus?

Um zu möglichst allgemeingültigen Aussagen über die Einflussmöglichkeiten beim Wärmeschutz von Vorhangfassaden zu gelangen, ist es sinnvoll, eine möglichst allgemeingültige Fassade als Untersuchungsgegenstand auszuwählen. Wie aber sieht eine solche Vorhangfassade aus?

Das klassische Einsatzgebiet von Vorhangfassaden ist das Bürogebäude. Typische Fassadenraster für Bürogebäude sind laut Eugene Kohn und Paul Katz 1,5 m in den USA (in älteren Gebäuden auch weniger), 1,6 m bzw. 1,8 m in Japan und 1,2 m bzw. 1,5 m in Europa und Asien. Typische Geschosshöhen in Bürohochhäusern sind demnach 4,0 m bis 4,2 m in den USA und Asien bzw. 3,75 m in Deutschland und Frankreich (2).

Eine möglichst allgemeingültige Fassadenaufteilung - sozusagen der kleinste globale Nenner eines Fassaden-Layouts -  könnte demnach folgendermaßen aussehen:


Die horizontale Aufteilung ist hierbei ebenfalls möglichst einfach gehalten: es gibt einen opaken Bereich (hier 1,6 m für Geschossdecke + Installationsebene + Brüstungsbereich) sowie einen verglasten Bereich (hier 2,4 m Höhe). Als Profilbreite wird 50 mm angenommen. Hinzu kommt noch ein öffenbares Einsatzelement mit einer Rahmenbreite von 80 mm.

Wie oben gesehen, wird der U-Wert der Vorhangfassade zu einem großen Teil von den Flächen A der einzelnen Fassadenkomponenten und den Längen l der Berührungsbereiche zweier Komponenten bestimmt. Daher scheint es sinnvoll, sich diese Werte und ihren prozentualen Anteil an der Fassade ein wenig genauer anzuschauen. In der folgenden Grafik sind die Flächen der einzelnen Fassadenkomponenten unseres Referenz-Fassadenfeldes farbig dargestellt.



Die Flächen A und der prozentuale Anteil an der Gesamtfassade sind:


Wie erwartet machen die Glas- und Paneelflächen Ag und Ap mit fast 90 % den Großteil der Fassadenfläche aus. Aber auch die Fassadenprofile (Af, Am, At) kommen trotz der relativ schlanken Profilbreiten immerhin auf eine Fläche von fast 1,3 m² pro Fassadenfeld.

In der folgenden Grafik zeigt nochmals die Referenzfassade. Diesmal sind die Längen l an den Berührungsbereichen zweier Fassadenkomponenten farbig hervorgehoben.


Die Längen l und ihr prozentualer Anteil sind:


Trotz der relativ einfachen Aufteilung des Fassadenfeldes mit wenigen Profilen ergibt die Summe der Längen l immerhin über 34 m. Besonders stark ins Gewicht fällt der Bereich des Einsatzelementes, da hier nicht nur die Berührungsbereiche zwischen Rahmen und Glas (lf,g) sondern auch zwischen Pfosten bzw. Riegel und Rahmen (lm,f und lt,f) auftreten.

Nachdem die Geometrie unseres Referenz-Fassadenfeldes nun festgelegt ist, fehlen uns für die Ermittlung des Ucw-Wertes noch die U- und Ψ-Werte der einzelnen Fassadenbestandteile. Mehr dazu im nächsten Post...

Literatur

(1) DIN EN ISO 12631:2013-01, Wärmetechnisches Verhalten von Vorhangfassaden - Berechnung des Wärmedurchgangskoeffizienten (ISO 12631:2012)
(2) Vgl.  Kohn, A. Eugene; Katz, Paul: Building Type Basics for Office Buildings, New York 2002, S. 35 f.

Samstag, 17. Januar 2015

Skyline-Vergleich

Dieses Mal fällt mein Post etwas bildlastiger aus. Auf der Suche nach Skylines aus aller Welt bin ich auf eine Menge interessanter Fotos gestoßen, die ich hier zeigen möchte. Doch dieses Post dreht sich nicht nur um ein paar nette Skyline-Bilder. Es geht natürlich auch um Fassaden und den Stand klimagerechten Designs in der heutigen Architektur.



Toronto: winterkaltes Regenklima, beständig feucht Dfa/ Dfb (1)
Chicago: winterkaltes Regenklima, beständig feucht Dfa (2)

Ähnlich? Einzigartig?

Vielleicht haben Sie bereits bemerkt, dass die Photos entsprechend den Klimazonen der abgebildeten Städte angeordnet sind, von eher kalten (Toronto) bis zu tropischen Klimaten (Singapur). Die Bezeichnungen der Klimazonen und die dazugehörigen Buchstabenkombinationen basieren übrigens auf der effektiven Klimaklassifikation nach Köppen und Geiger, eines der weltweit meistgebrauchten Klima-Klassifikationssysteme.

Ich habe versucht, die abgebildeten Städte so ähnlich wie möglich erscheinen zu lassen: alle Fotos sind bei Tageslicht und gutem Wetter aufgenommen, mit Skylines, die sich hinter einer Wasserfläche erheben. Zusätzlich sind die Bilder nachbearbeitet und gestutzt, um den Motiven einen ähnlichen Maßstab zu verleihen.

Als kritisch eingestellter Betrachter könnte man einigen der dargestellten Stadtzentren eine gewisse Ausstauschbarkeit vorwerfen. Trotzdem sehen die abgebildeten Skylines vielleicht nur auf den ersten Blick ähnlich aus. Die eine oder andere der abgebildeten Städte können Sie wahrscheinlich ohne Schwierigkeiten anhand von charakteristischen Gebäuden erkennen.

Aber es lassen sich noch weitere Informationen aus den Fotos herauslesen, die charakteristisch für die abgebildeten Städte sind: Form, Größe, Farbe und Materialien der Gebäude geben Hinweise auf die Entstehungszeit oder auch auf die zur jeweiligen Zeit vor Ort vorherrschenden Architekturmoden. Oft lässt sich anhand der Fassadengestaltung und der Form der Gebäude sogar ihre Funktion ablesen (Wohnbauten, Bürogebäude, Aussichts-oder Fernsehtürme, usw.).
New York: warmes Regenklima, beständig feucht Cfa (3)

Schanghai: warmes Regenklima, beständig feucht Cfa (4)

Klimatische Anpassung

Aber wie steht es um die klimatische Anpassung der Gebäude, wie steht es um eine klimagerechte Architektur? Können Sie anhand der Gebäude- und Fassadengestaltung erkennen, in welchen Klimazonen sich die dargestellten Städte befinden? Geben Anzahl und Größe der Fenster Hinweise auf das vor Ort vorherrschende Klima? Oder das Verhältnis von offenen zu geschlossenen Fassadenflächen? Lassen sich für bestimmte Klimazonen typische Fassadenmaterialien identifizieren? Verfügen die Gebäude in heißen Klimaten über mehr Sonnenschutzvorrichtungen? Können Sie überhaupt irgendwelche Elemente an den dargestellten Gebäuden erkennen, die eine Anpassung an das Klima darstellen?

Die Antwort auf die meisten dieser Fragen dürfte negativ ausfallen. Klimagerechte Fassaden scheinen in der modernen Architektur ein weithin vernachlässigter Bereich zu sein (9).

Hong Kong: warmes Regenklima, wintertrocken Cwa (5)
Dubai: heißes Wüstenklima BWh (6)

Respiration exacte

Le Corbusier's Ausführungen zum von ihm geprägten Begriff der "respiration exacte" beschreiben diesen Sachverhalt äußerst treffend. In einer in Buenos Aires im Jahr 1929 gehaltenen Vorleseung hatte er unterscheidbare, an das jeweilige Klima angepasste Gebäudestile verworfen und stattdessen einen einzigen Haustyp für alle Länder propagiert, ein Haus mit 'exakter Atmung' (10).

Le Corbusier's Worte waren ohne Zweifel von einem starken Fortschrittsglauben geprägt, haben sich jedoch seitdem nur allzu sehr bewahrheitet. Die Errungenschaften der modernen Technik - in diesem Fall vor allem Klimaanlagen und künstliches Licht - scheinen den Bedarf nach einer klimagerechten Architektur eliminiert zu haben.

Überall auf der Welt werden Bauwerke nach demselben serienmäßigen 'Bausatz' aus Gebäuderahmen, Vorhangfassade, Hängedecke und Klimaanlage als "schnelle technische Lösung" errichtet (11). Sobald das Gebäude fertiggestellt und in Betrieb ist, muss der energieintensive Einsatz von Gebäudetechnik die Unzulänglichkeiten des architektonischen Designs ausgleichen. Erst in jüngerer Zeit, da die negativen Auswirkungen eines steigenden Energieverbrauchs mehr und mehr zu Tage treten, werden solche Konzepte zunehmend in Frage gestellt.
Abu Dhabi: heißes Wüstenklima BWh (7)
Singapur: tropisches Regenklima, beständig feucht Af (8)
Interessanterweise hat Le Corbusier mit seinen späteren Werken einen komplett anderen Weg eingeschlagen. Die Fassaden seiner Gebäude, die in den 1960er Jahren in Indien entstanden, weisen zahlreiche Elemente klimagerechten Designs auf. Viele der in diesen Gebäuden angewandten Strategien lassen sich auch in Bauwerken der traditionellen örtlichen Architektur finden (s. a. diesen Post).

Es scheint so, als ob das Konzept des klimagerechten Bauens in Gebäuden der traditionellen Architektur weiter entwickelt ist als in den meisten modernen Gebäuden. In einem meiner nächsten Posts werde ich näher auf einige klimagerechte Konzepte der traditionellen Architektur einzugehen.

Literaur und Abbildungen

(1) "From Hanlan's Point" von BriYYZ , CC-BY-SA-2.0 (verändert: nachbearbeitet, gestutzt)
(2) "Loop skyline from the lakefront, Chicago, IL, USA" von J. Crocker , Lizenzdetails
(3) "NYC Mini Cruise 2014" von Liz Novak , CC-BY-2.0 (verändert: nachbearbeitet, gestutzt)
(4) "Shanghai on the Bund The Pudong skyline" von Matt_Weibo, CC-BY-SA-2.0 (verändert: nachbearbeitet, gestutzt)
(5) "Hong Kong Skyline" von Daniele Cardone, CC-BY-2.0 (verändert: nachbearbeitet, gestutzt)
(6) "dubai-600870" von dbenthien, CC0-1.0 (verändert: nachbearbeitet, gestutzt)
(7) "Near Heritage Village @ Abu Dhabi" von Guilhem Vellut, CC-BY-2.0 (verändert: nachbearbeitet, gestutzt)
(8) "Singapore skyline" von Bryan Allison, CC-BY-SA-2.0 (verändert: nachbearbeitet, gestutzt)
(9) Vgl. Harmann, Ralph E.: Urban Space, Building Orientation and Design, S. 202 ff., in: Hindrichs, Dirk U., Daniels, Klaus (Hg.), Plusminus 20/ 40 Latitude. Sustainable Building Design in Tropical and Subtropical Regions,  Stuttgart u. a. 2007
(10) Vgl. Le Corbusier: Precisions sur un état présent de l'architectureet de l'urbanisme, Paris 1960, p. 64
(11) Vgl. Hawkes, Dean; Forster, Wayne: Energieeffizientes Bauen. Architektur, Technik, Ökologie, München 2002, S. 54 f.

Falls Sie moderne Beispiele klimagerechten Fassadendesigns kennen, schreiben Sie mir!

Montag, 5. Januar 2015

Gebäudegeometrie und Sonnenschutz

Außenliegender Sonnenschutz ist ohne Zweifel eine der effizientesten Maßnahmen zur Reduktion des solaren Energieeintrags. In den meisten Fällen werden dafür feste oder bewegliche Verschattungs-Elemente vor die verglasten Fassadenbereiche platziert. Eine clevere Alternative ist die Nutzung der Gebäudegeometrie als Sonnenschutz. Hier sind einige Beispiele.

 

 

Museu de Arte Contemporânea de Niterói, Brasilien

Der brasilianische Architekt Oscar Niemeyer (1907 - 2012) hat während seiner über siebzigjährigen Schaffenszeit mit zahlreichen Projekten die Gestaltungsmöglichkeiten von Gebäudehüllen in heißen Klimaten ausgelotet. Sein Umgang mit allen Spielarten sonnengeschützter Fassaden kann als virtuos bezeichnet werden. Das Museu de Arte Contemporânea de Niterói ist eines seiner jüngeren Projekte und wurde 1996 fertiggestellt.

Wie ein gelandetes UFO blickt das Museu de Arte Contemporânea de Niterói über die Guanabara Bucht (2)
Die Fassaden des Gebäudes sind so stark nach unten geneigt, dass sie den Sonnenstrahlen kaum mehr Angriffsflächen bieten. Gleichzeitig richten die geneigten Fassaden den Blick auf das unterhalb gelegene Panorama der Meeresküste. Der Energieeintrag durch die Sonnenstrahlung wird zusätzlich durch die Verwendung von dunkel getönten Absorptionsgläsern reduziert.

Die Hauptwärmelast durch Sonnenstrahlung trägt das Dach. Das Haustechnik-Geschoss direkt unterhalb des Daches dient darüber hinaus als klimatische Pufferzone zwischen Außenbereich und dem verglasten Hauptgeschoss.

Hanoi Museum, Vietnam

Die Fassade des Hanoi Museum vereint verschiedene Strategien des Sonnenschutzes (3)
Dieses Museum in Hanoi, Vietnam wurde vom deutschen Architekturbüro GMP entworfen und 2010 fertiggestellt. Die auskragenden Geschosse dienen als Sonnenschutz für das jeweils darunter liegende Geschoss. Das oberste Geschoss verschatten horizontale Aluminiumlamellen am Dachrand. Vor die Glasfassaden sind zusätzlich gitterförmige Elemente gesetzt, die an die traditionellen arabischen Mashrabiyas erinnern (s. a. diesen Post).

 

Zwei Beispiele aus den Siebzigern

Das Tempe Municipal Building hat die Gestalt einer umgedrehten Pyramide (4)
Das Rathaus von Tempe, Arizona stammt aus dem Jahr 1971 und wurde von den Architekten Michael Goodwin und Kemper Goodwin entworfen.  Die Entwurfsidee einer umgedrehten Pyramide tritt hier sehr deutlich zu Tage.

Wie bei allen gezeigten Beispielen in diesem Post ist die Dachfläche jeweils dem Großteil der Wärmelast durch Sonnenstrahlung ausgesetzt. Die nach unten geneigten Fassaden sind vor der hochstehenden Sonne durch die auskragenden oberen Bereiche geschützt. Zusätzlich bewirkt die Neigung eine geringere Transmission der Sonnenenergie durch die Verglasung.

Die Dallas City Hall wurde von I. M. Pei entworfen und 1978 fertiggestellt. Die Konzepte einer umgedrehten Stufen und "Nicht-Stufen"-Pyramide wurden in diesem Gebäude kombiniert.
Dallas City Hall von I. M. Pei (5)
Das Konzept der umgedrehten Pyramide scheint vor allen in den 70er Jahren nicht zuletzt aufgrund seiner formalen Expressivität sehr populär gewesen zu sein. Zahlreiche andere Gebäude mit ähnlicher Formgebung stammen aus dieser Zeit.

In diesen beiden Fällen - beide Gebäude befinden sich im Süden der Vereinigten Staaten - hat sich die Gebäudeform zweifellos auch positiv auf den Kühlenergieverbrauch ausgewirkt.

Update (2015-04-08)

Ein lieber Kollege aus alten Tagen (Danke, Mihail!) hat mich noch auf zwei weitere Beispiele hingewiesen, die gut zu den hier gezeigten passen.

Slovak radio building in Bratislava (6)
Das Gebäude des Slovakischen Rundfunks der Architekten Štefan Svetko, Štefan Ďurkovič and Barnabáš Kissling wurde 1983 fertiggestellt (begonnen wurde das Projekt bereits 1967). Der britische "Telegraph" hat das Gebäude in seine Liste der 30 hässlichsten Gebäude der Welt aufgenommen (7). Zusammen mit Bauten von Frank Gehry und MVRDV, die ebenfalls in dieser Liste erscheinen, befindet sich der Slovakische Rundfunk nicht einmal in schlechter Gesellschaft...

St. Petersburg Pier, Florida/ USA (8)
Ein weiteres Beispiel einer umgedrehten Pyramide ist der St. Petersburg Pier in Florida, USA. Auch wenn man es dem Gebäude nicht unbedingt ansieht, wurde es schon 1973 fertiggestellt (Architekt: William B. Harvard, Sr.). Leider bestehen offenbar Pläne, den "Pier" abzureißen und durch ein neues Gebäude zu ersetzen (9).

Abbildungen

(1) "Niterói Contemporary Art Museum" von Rosino, CC-BY-SA-2.0 (verändert: Verweiszahl ergänzt)
(2) "Niterói Contemporary Art Museum" von Rosino, CC-BY-SA-2.0
(3) "Hanoi Museum, Hanoi, Vietnam" von Daaé, public domain
(4) "The Tempe Municipal Building in Tempe, Arizona" von Visitor7, CC BY-SA 3.0
(5) "Side view of City Hall" von Daniel Lobo, CC BY 2.0
(6) "Slovak Radio" von Dushan Hanuska, CC BY 2.0 (verändert: gestutzt)
(7) Vgl. http://www.telegraph.co.uk/finance/property/pictures/9126031/The-worlds-30-ugliest-buildings.html?frame=2875010
(8) "st-petersburg-pier-1024x768-2653" von Texx Smith, CC BY 2.0
(9) Vgl. https://en.wikipedia.org/wiki/St._Petersburg_Pier

Kennen Sie weitere Beispiele für die Kombination von Gebäudegeometrie und Sonnenschutz? Schreiben Sie mir davon!