Im letzten Post habe ich einige Grundlagen der Ucw-Wert-Berechnung beschrieben und die Geometrie des Referenz-Fassadenfeldes festgelegt. Nun sollen die die U- und Ψ-Werte der einzelnen Fassaden-Bestandteile definiert und der U-Wert der Gesamtfassade berechnet werden. Anschließend wird der Frage nachgegangen, wie weit sich der Ucw-Wert durch die wärmetechnische Optimierung einzelner Fassadenkomponenten senken lässt.
Viele
Systemanbieter von
Aluminium-Pfosten-Riegel-Konstruktionen bieten
eine Standardversion mit geringerer Wärmedämmung und eine
hochwärmegedämmte, teilweise als "
Passivhaus-tauglich" bezeichnete
Version ihrer Profilsysteme an. Ähnliches gilt für Verglasungen: auch hier kann man zwischen Standard-Zweischeiben- und hochwärmedämmenden Dreischeiben-Isolierverglasungen unterscheiden. Für unser Referenz-Fassadenfeld soll daher zunächst eine Ausführung mit "Standard"-Komponenten und später eine thermisch optimierte Version untersucht werden.
Ucw-Wert: die "Standard"-Version
Tabelle
A.1 in EN ISO 12631:2012 (1) bietet eine Leitlinie zur Berechnung des
Ucw-Wertes. Darin wird beschrieben, wie man an die für die Ucw-Berechnung nötigen U- und Ψ-Werte der einzelnen Fassadenkomponenten
gelangt. In den meisten Fällen gibt es zwei Möglichkeiten zur Ermittlung
dieser Werte: man kann Werte aus entsprechenden Tabellen der Norm entnehmen, oder man
ermittelt die Werte nach in der Norm festgelegten
Berechnungs- oder Bemessungsverfahren (meist geschieht dies durch die Produkthersteller).
Die
Angaben in den Norm-Tabellen sind in der Regel auf der sicheren
Seite angesiedelt. Der berechnete oder bemessene Wert für ein bestimmtes Produkt gemäß
Herstellerangaben ist meist besser.
Rahmen
Gemäß der oben erwähnten Tabelle A.1
können die Werte für die Rahmenprofile Uf, Um und Ut nach ISO
10077-2:2012 berechnet oder EN 12412-2:2003 gemessen werden. Alle
größeren Hersteller von Profilsystemen stellen die entsprechenden nach
diesen Normen ermittelten U-Werte zur Verfügung.
Der
U-Wert für ein bestimmtes Pfosten- oder Riegelprofil ist von
der Einbaustärke der Ausfachungen und von der Tiefe des
raumseitigen Tragprofils abhängig. Bei einer Einbaustärke von z.B. 28 mm (2-Scheiben-Isolierverglasung) und einer
Profiltiefe von ca. 150 mm kann man einen Wert von ungefähr 2,1 W/(m²K) für Ut
und Um ansetzen (2). Dies gilt für Standardausführungen ohne zusätzliche
Wärmedämmmaßnahmen. Die Uf-Werte von Standard-Rahmenprofilen für
Einsatzelemente bewegen sich je nach Hersteller bzw. Produkt um 1,8 W/(m²K). Für unsere Referenzfassade
nehmen wir daher folgende Werte an:
-> Ut; Um: 2,1 W/(m²K)
-> Uf: 1,8 W/(m²K)
Die
Werte für Ψm,f und Ψt,f können in Tabelle B.6, EN ISO 12631:2012
abgelesen oder nach ISO 10077-2:2012 berechnet werden. Tabelle B.6
unterscheidet insgesamt fünf Typen von Verbindungsbereichen und weist
diesen Ψm,f- und Ψt,f-Werte von 0,05 bis 0,11 W/(mK) zu. Für unseren
Fall nehmen wir einen mittleren Wert von 0,07 W/(m²K) an.
-> Ψm,f; Ψt,f: 0,07 W/(mK)
Verglasung
Die
Werte für Ug können in ISO 10077-1:2006 abgelesen werden oder nach EN
673:2011 berechnet bzw. nach EN 674:2011 und EN 675:2011 gemessen
werden. Für eine 2-Scheiben-Isolierverglasung kann man von Ug: 1,1
W/(m²K) als Stand der Technik ausgehen.
-> Ug: 1,1 W/(m²K)
Die
Werte für Ψf,g, Ψm,g, und Ψt,g können in den Tabellen B.1, B.2, B.3 und
B.4 abgelesen oder nach 10077-2:2012 berechnet werden. Die Norm
unterscheidet zwischen "üblichen" und "wärmetechnisch verbesserten"
Abstandhaltern für Verglasungen. Darüber hinaus sind die Tabellenwerte
abhängig von der Ausführungsart der angrenzenden Profile und der
Verglasung. Bei Verwendung von üblichen Abstandhaltern und beschichtetem
Glas mit niedrigem Emissionsgrad gelten für Aluminiumpfosten und
-riegel Ψm,g- und Ψt,g-Werte von 0,11 W/(mK). Für einen Metallrahmen mit
wärmetechnischer Trennung gilt ein Ψf,g-Wert von ebenfalls 0,11 W/(mK).
-> Ψm,g; Ψt,g; Ψf,g: 0,11 W/(mK)
Paneele
Die
Werte für Up können nach ISO 6946: 2007 berechnet werden. Da die Dicke
der Dämmschicht im Paneel entscheidend für den Up-Wert ist, können wir
als Annäherung die äußeren und inneren Metallschalen sowie eventuelle
weitere Bestandteile des Paneels vernachlässigen. Bei einem Dämmstoff
von 140 mm Dicke und einer Wärmeleitfähigkeit von λ: 0,035 W/(mK)
gelangen wir zu einem U-Wert von 0,24 W/(m²K).
-> Up: 0,24 W/(m²K)
Die
Werte für Ψp können in Tabelle B.5 abgelesen oder nach 10077-2:2012
berechnet werden. Ψp ist nach Tabelle B.5 abhängig von der
Wärmeleitfähigkeit des Abstandhalters, dem Paneeltyp (Typ 1: mit
luftgefülltem Zwischenraum; Typ 2: ohne luftgefüllten Zwischenraum),
sowie den Materialien der innenliegenden und außenseitigen Verkleidung.
So ergibt sich bei Typ 2 mit Aluminiumverkleidung innen und außen sowie
Abstandhaltern mit λ: 0,2 W/(mK) ein Ψp-Wert von 0,2 W/(mK).
-> Ψp: 0,2 W/(mK)
Ermittlung des Ucw-Wertes
Damit sind alle nötigen Angaben
für die Berechnung der Referenzfassade festgelegt. In den folgenden
beiden Tabellen werden nun die Teilergebnisse für ΣA×U und für ΣΨ×l
ermittelt.
Der Ucw-Wert für die Fassade mit Standardkomponenten ergibt somit:
Ucw = (ΣA×U + ΣΨ×l) / Acw
Ucw = (10,434 W/K + 4,534 W/K) / 12,00 m²
Ucw = 1,2 W/(m²K) (1,247)
Ucw-Wert: die thermisch optimierte Version
Rahmen
Hochwärmegedämmte
Profile verfügen in der Regel über zusätzliche Dämmkörper im Bereich
zwischen raumseitigen Profil und Andruckleiste. Hier können die Um- und
Ut-Werte bei einer 3-Scheiben-Isolierverglasung mit z. B.
44 mm Einbaustärke ungefähr 0,8 W/(m²K) betragen. Aufgrund der
ständigen Weiterentwicklung können diese wie auch viele der anderen hier
genannten Werte aber bald schon wieder
veraltet sein.
-> Ut; Um: 0,8 W/(m²K)
Durch den Einbau zusätzlicher Einschub- und Glasfalzdämmungen in die
Rahmenprofile der Einsatzelemente kann auch der Uf-Wert entscheidend verringert werden. Die
Uf-Werte der meisten Hersteller für hochwärmegedämmte Profile bewegen sich im Moment im Bereich zwischen 1,0 bis
1,2 W/(m²K).
-> Uf: 1,1 W/(m²K)
Für
Ψm,f und Ψt,f gibt es wie beschrieben neben den Werten aus Tabelle B.6,
EN ISO 12631:2012 auch die Herstellerangaben zu den jeweiligen
Einspannprofilen nach Berechnungen gemäß ISO 10077-2:2012 . Hier sind
Werte um die 0,025 W/(mK) möglich.
-> Ψm,f; Ψt,f: 0,025 W/(mK)
Verglasung
Ug-Werte
für 3-Scheiben-Isolierverglasungen liegen je nach verwendeten
Beschichtungen und Scheibenzwischenraum-Füllungen zwischen 0,5 und 0,7
W/(m²K).
-> Ug: 0,6 W/(m²K)
Ψf,g,
Ψm,g, Ψt,g können ebenfalls durch Berechnung nach EN ISO 10077-2:2012
bestimmt werden. Für thermisch verbesserte Randverbünde verschiedener
Hersteller hat der Arbeitskreis "Warme Kante" Datenblätter mit den
entsprechenden Ψ-Werten veröffentlicht. Bei einer
Dreischeiben-Isolierverglasung erreichen die Werte je nach Hersteller
bis zu 0,030 W/(mK) für Gläser in Einspannelementen.
-> Ψm,g; Ψt,g; Ψf,g: 0,04 W/(mK)
Paneele
Die
Dicke gedämmter Fassadenpaneele wird in der Regel durch die Tiefe der
Fassadenkonstruktion begrenzt. Bei Pfosten- und Riegelprofiltiefen von
z. B. 150 mm kann daher die Dämmstoffdicke meist auch nicht mehr als ca.
150 mm betragen. Eine weitere Möglichkeit der Optimierung ist die
Verwendung von Dämmstoffen mit geringerer Wärmeleitfähigkeit. Doch auch
hier sind die Optimierungsmöglichkeiten begrenzt.
Einen Ausweg bietet die Verwendung von
Vakuumisolationspaneelen (VIP).
Der Gebrauch solcher Paneele hat sich bis dato noch nicht
flächendeckend durchgesetzt. Man kann jedoch davon ausgehen, dass diese
Art der Dämmung in einigen Jahren gerade im Bereich von Vorhangfassaden
weitere Verbreitung finden wird. Die Vorteile sind hier zum einen die
Möglichkeit, Dämmpaneele zu verwenden, die die gleiche Dicke wie
Glasscheiben haben. Zum anderen ist durch die festgelegten und
durchgehenden Fassadenraster eine Konfektionierung ohne weitere
Anpassung auf der Baustelle möglich.
Bei
Vakuumisolationspaneelen, die der Dicke einer
Dreischeiben-Isolierverglasung entsprechen, kann man von einem Up-Wert
von 0,15 bis 0,2 W/(m²K) und einem Ψp-Wert von 0,02 W/(mK) ausgehen.
Auch hier kann aufgrund der ständigen Weiterentwicklung dieser relativ
neuen Paneelart in der nächsten Zeit mit weiteren Verbesserungen
gerechnet werden.
-> Up: 0,18 W/(m²K)
-> Ψp: 0,02 W/(mK)
Ermittlung des Ucw-Wertes
Somit sind auch für die thermisch optimierte Fassade alle nötigen Angaben zur Berechnung
festgelegt. Die folgenden beiden Tabellen zeigen wieder die
Teilergebnisse für ΣA×U und für ΣΨ×l.
Der Ucw-Wert für die Fassade mit thermisch optimierten Komponenten ergibt somit:
Ucw = (ΣA×U + ΣΨ×l) / Acw
Ucw = (5,742W/K + 1,012 W/K) / 12,00 m²
Ucw = 0,6 W/(m²K) (0,563)
Fazit der technischen Optimierung
Der
Ucw-Wert konnte mit dem Einsatz thermisch optimierter Komponenten im
Vergleich zur Standardversion 1,2 auf 0,6 W/(m²K) glatt halbiert werden. Da nicht in allen
Bereichen die bestmöglichen Werte eingesetzt wurden, kann man sogar
davon ausgehen, dass auch ein Ucw-Wert von 0,5 W/(m²K) im Bereich des
Möglichen ist.
Auffällig
ist, dass der Gesamt-U-Wert der Fassade in beiden Fällen ähnlich oder
gleich dem U-Wert des Glases ist. Der Ug-Wert kann also bei typischen
Fassaden-Layouts, die dem hier dargestellten ähneln, als Anhaltspunkt
für den Ucw-Wert der Gesamtfassade angenommen werden.
Die
Verbesserungspotentiale scheinen zudem im Bereich der Ψ-Werte höher zu
sein als bei den U-Werten. Vergleicht man die U-Werte zwischen Standard-
und optimierter Version, so konnte hier ungefähr eine Halbierung der
Werte erreicht werden. Bei den Ψ-Werten war jedoch sogar eine Reduktion
auf weniger als ein Viertel möglich.
Bei
den Einzelwerten mit dem größten Optimierungspotential stechen zum
einen die Ut- und Uf-Werte (Verbesserung von 2,1 und 0,8 W/(m²K)), zum
anderen der Ψp-Wert (Verbesserung um das Zehnfache von 0,2 auf 0,02
W/(mK)) hervor.
Wie
oben angedeutet, stellt die wärmetechnische Verbesserung der
Fassadenbestandteile nur eine Seite der U-Wert-Optimierung dar. Im
nächsten Post werde ich mich daher näher mit der anderen Seite, der
geometrischen Optimierung von Vorhangfassaden auseinandersetzen.
Literatur und Anmerkungen
(1) DIN EN ISO 12631:2013-01, Wärmetechnisches Verhalten von Vorhangfassaden
- Berechnung des Wärmedurchgangskoeffizienten (ISO 12631:2012)
(2)
Für die Ermittlung der U- und Ψ-Werte wurden die aktuellen
Aluminium-Profilsysteme der Marken Schüco, Wicona, Raico und Hueck
verglichen (Stand: Februar 2015). Die Werte variieren teilweise je nach
Hersteller und Produktlinie. Wo verschiedene Werte vorlagen, wurden
Mittelwerte als Rechengrundlage angenommen.